Eigentlich wäre der Matchbericht ohne die ersten 40 Minuten um einiges leichter zu schreiben, aber es ist leider kein Wunschkonzert. Die ZSC Lions gehen besonders im Mittelabschnitt redlich «Baden» und patzen beim ersten Matchpuck. Denn nach 38 Minuten und 59 Sekunden ist der Ausnahmezustand in der vaudoise aréna ausgebrochen. Auf dem Videowürfel steht 5:0 für die Heimmannschaft. Bis die ZSC Lions in diesem Spiel einstempeln geht es lange, sehr lange. Und zwar bis 22 Sekunden vor der zweiten Pause als Chris Baltisberger für den Zett erstmals trifft. Was danach folgt ist wichtig, denn nur dank der Darbietung im letzten Drittel können Mannschaft, Fans und ZSC-Sympathisanten sagen: Ja, dann machen wir es halt daheim im siebten und letzten Saisonspiel.
Wie verhext
Bei den ZSC Lions fehlen verletzungsbedingt, wie bereits geahnt, Yannick Weber und Rudolfs Balcers. In der Offensive kommt es dadurch zu den üblichen Rochaden, während in der Abwehr Scott Harrington mittun darf. Doch nach nur 195 gespielten Sekunden muss der Kanadier bereits auf die Strafbank, nachdem die Schiedsrichter ein doch eher weiches Vergehen mit harten zwei Minuten bestrafen. Ohne zu wissen was danach kommt, stellt sich diese Situation später als der Anfang vom Ende heraus. Suomela bleibt eiskalt vor dem Kasten und bringt Lausanne damit früh in Führung. Nicht der Sahnestart den sich die Zürcher Protagonisten wohl vorgestellt haben. Ein Überzahlspiel kurz darauf können die Stadtzürcher nicht nutzen und so bleibt es bei diesem 1:0 nach den ersten 20 Minuten. Somit ist für die mitgereisten Fans in der Lausanner Arena oder beim Zürcher Public Viewing (8500 Zuschauende!) das Gemüt noch in Ordnung und der Verzehr einer Bratwurst oder Pommes Frites dennoch genüsslich. Doch eine Pause später dreht sich wohl allen die für den ZSC die Daumen drücken der Magen. Riat, Almond, Fuchs und erneut Riat ballern den Zürcher SC nach allen Regeln der Kunst praktisch aus der Arena und geben damit die Marschroute vor: «wir wollen in Zürich den Titel entscheiden.»
Mut!
Die Spieler sind sich nach dem Spiel einig: «Hat uns jemand die Handbremse angezogen? So etwas darf uns niemals passieren, wir sind komplett selbst schuld», heisst es in den Katakomben. Selbstkritik ist wichtig nach so einem Spiel, ohne dabei den Kopf in den Sand zu stecken. Verloren ist erneut nur ein Spiel, noch nicht die Serie. Im Gegenteil, am Dienstagabend wird in der rappelvollen und elektrisierenden Swiss Life Arena die «Belle» ausgetragen. Erst dann wird es einen definitiven Sieger und einen Verlierer geben. Mut macht, trotz einer zwischenzeitlich ungenügenden Leistung in Spiel 6, vor allem der letzte Abschnitt. Nach 49 Minuten konnten die Limmatstädter nämlich von 1:5 auf 3:5 stellen. Die Tore erzielen im Schlussabschnitt Dean Kukan und Denis Malgin. Auch danach drücken die Lions mächtig weiter und zeigen, was eigentlich in ihnen steckt. Kurzzeitig lag sogar eine wundersame Wende in der Luft... Mit dieser Einstellung und dem schnörkellosen Spielstil, den sie beherrschen, kommt es gut am Dienstag. Denn eines ist klar: danach gibt es keine Entschuldigungen mehr und auch keine Möglichkeiten auf eine Korrektur. Und wenn wir ehrlich sind, hat diese Serie zwischen dem ZSC und LHC eine Finalissima verdient. Hopp ZSC!
(Marko Filipovic, Lausanne)