Ein Zürcher Wirt mit sportlichem Flair hat mir zu später Stunde einmal gesagt: «Weisst du, mein Guter, Gastrokritiker sind wie Schiedsrichter: Man muss mit ihnen leben, sonst gäbe es keine Spiele oder Restaurants mehr.» Nun, am 2. November 2024, erfüllt der Schreibende nicht die Pflicht als Head oder Linesman, sondern jene als Kritiker von Speis und Trank für dieses Magazin. Und zwar im Turicum in der Swiss Life Arena. Weil das Restaurant «Zett» an Matchtagen oft ausgebucht ist, gibt es mit dem Saal eine neue Alternative für hungrige Fans.
Der Autor ist beim Testessen nicht alleine: Er wird von einem ehemaligen Verlagsleiter mehrerer nationaler Medien verstärkt. Er ist ein vielgereister Mann - Name der Redaktion bekannt -, der sich als «l’homme du monde» kulinarisch bestens auskennt. Als Ex-Präsident des Zürcher SC in turbulenten Zeiten weiss er zudem, dass nicht jede Suppe so heiss gegessen, wie sie gekocht wird.
Die Hektik am Buffet bleibt aus
Vor dem Spiel ZSC Lions gegen den HC Fribourg-Gottéron wird ein reichhaltiges Menü am Buffet für 78 Franken pro Person angeboten. Das Test-Duo findet, dass der Preis eher stolz ist. Aber es darf à discrétion geschlemmt werden, und Mineralwasser, Kaffee oder Tee ist im Betrag inbegriffen. Es lohnt sich also, mit einem Löwenhunger anzureisen. Die Jury ist vom Essen im Turicum überzeugt: Sowohl die Vorspeise als auch der Hauptgang schmecken wirklich gut (siehe Box). Die Crèmeschnitte, die wie die Getränke serviert wird, ist lecker, wie man es nördlich des Rheins formulieren würde.
Die Preise für den mundenden Wein sind für Zürich angebracht (beispielsweise für 1 cl Barbera d’Asti Superiore DOCG 10.50 Franken). Angenehm für den Gast ist, dass man die diversen Tropfen nicht nur in der Flasche, sondern auch offen bestellen kann. (Erfahrene Eishockey-Besucher wissen: Wer den Puck doppelt sieht, hat Mühe, ihn exakt zu verfolgen.) Geradezu playoff-würdig ist die freundliche und charmante Bedienung: Wer behauptet, das Personal aus dieser Stadt sei in der Gastroszene unhöflich und mürrisch, wird zumindest im Turicum eines Besseren belehrt.
Der Saal ist mit Bildschirmen mit Sicht auf die Arena, Fotos und alten Trikots der ZSC Lions geschmückt. Es herrscht eine gediegene und sportliche Atmosphäre. Es entsteht wegen der überschaubaren Grösse des Raums - rund 70 bis höchstens 100 Plätze - keine Hektik, man muss am Buffet nicht lange anstehen. Wer ein zweites Mal Forechecking bei der Selbstbedienung betreibt, ist angenehm überrascht, dass das Essen warm bleibt.
Flexibel bei den Menüs
Marcel Meier, Mitglied der Geschäftsleitung des Gastronomieunternehmens SV Group, weist darauf hin, dass man sich im Turicum in Sachen Menüauswahl sehr flexibel gibt. «Wir kündigen die Mahlzeiten jeweils auf der Homepage mit den jeweiligen Preisen an. Es ist eine Mischung aus vielen Aspekten: Das kann mit dem Gegner der ZSC Lions zu tun haben, aber auch mit der Saison. Fondue Chinoise beispielsweise ist sehr beliebt.» Das bedeutet jetzt nicht, dass Capuns auf der Karte steht, weil der HC Davos zu Gast in Altstetten ist. Es ist aber durchaus möglich, dass es ein Züri-Gschnätzlets zu essen gibt, wenn das Derby gegen den EHC Kloten ansteht. «Aber nur bei uns oben auf dem Teller, nicht auf dem Eis», schmunzelt Meier.
Allerdings existieren für den Gast im 4. Stock Regeln, wie für die Profis und Coaches auf dem Eisfeld auch: Das Turicum ist für Abendspiele von 17:45 bis 19:30 Uhr geöffnet (am Sonntagnachmittag von 13:45 bis 15:30 Uhr), danach muss sich der Konsument auf die Plätze in der Arena begeben. Und Tischreservierungen sind nur in Kombination mit einem gültigen Matchticket möglich. Diese Vorgaben gehören zum Konzept.
Eine echte Alternative
Die beiden Jurymitglieder jedenfalls stufen das Gastronomie-Erlebnis vor dem ersten Bully mit dem Prädikat «lohnenswert» ein, auch punkto Preis-Leistungs-Verhältnis. Der weise 91-jährige englische Historiker und Philosoph Theodore Zeldin ist in der Eishockey-Szene eher unbekannt, schrieb jedoch einmal völlig zu Recht: «Die Gastronomie ist die Kunst, mit Nahrung Glück zu erschaffen.» Oder anders ausgedrückt: Das Turicum bietet eine echte Alternative in der Swiss Life Arena. Denn gut genährt, ist halb gewonnen. Das haben sich auch die Zürcher Löwen gesagt, die schliesslich die Freiburger Eisdrachen mit 2:1 nach Penalties gebodigt haben.