Frauen: Allzu Überraschendes ist bisher nicht passiert
In der Women’s League geht es ab dem 2. Januar 2022 in die «Verlängerung» - erstmals umfasst die Qualifikation 25 Runden. Gastautor Daniel Monnin vergleicht die bisherigen Leistungen mit seiner Saisonprognose.
«Aus fünf mach vier»
Das war der Titel der Saisonvorschau. Keine allzu gewagte Prognose, zugegeben. Das ist ja das Schöne an allen Vorsaison-Prognosen: Die einen stimmen ganz gut, die andern liegen völlig daneben. Nun, in der Women’s League blieb der Blick in die Zukunft mehr oder minder im Rahmen, die ganz grossen Überraschungen blieben bisher aus. Und doch gibt es das Eine oder Andere nach rund 20 Runden, also zum Schluss der bisher bekannten «Regular Season», die ja in der laufenden Saison erstmals 25 Runden umfassen wird, das durchaus eine kleine Korrektur verlangt. Zum Guten, aber auch zum Schlechten.
«Die Top-Teams haben Federn lassen müssen, die Herausforderer haben zugelegt…»
Diese Aussage hat sich in den letzten Monaten relativiert, zumindest ist es den Herausforderern bisher nicht – oder nur selten – gelungen, die Favoriten zu Fall zu bringen. Es gab durchaus Exploits, aber den Herausforderern fehlte die Konstanz zu mehr als nur einem oder zwei Ausbrüchen nach oben. Es bleibt dabei: «Aus Fünf mach Vier» heisst nach wie vor die Devise und das Rennen bleibt zumindest teilweise offen.
ZSC Lions: Wie immer einer der Topfavoriten
Das war eine der leichteren Prognosen, doch Hut ab: Die ZSC Lions haben erneut geliefert. Sie haben den ersten Teil der Meisterschaft 2021/22 mit wenigen Ausnahmen dominiert und führen die Tabelle mit 52 Punkten aus 20 Spielen – zwei mehr als nach der »Regular Season der letzten Saison – souverän an. Die Zürcherinnen haben die verschiedenen Abgänge mit der Rückkehr von Topskorerin Dominique Rüegg und dem Zuzug von Nati-Kollegin Sinja Leemann – beide liegen in der aktuellen Liga-Skorerliste in den vordersten Positionen – trotz erneutem Verletzungspech mehr als kompensiert. Auch die jungen Spielerinnen haben einen weiteren Schritt gemacht und leisten ihren Anteil am Erfolg. In den Duellen mit Meister Ladies Lugano steht es 2:2 – und alles deutet eigentlich darauf hin, dass sich die beiden Meister der letzten 11 Jahre auch in dieser Saison wieder im Playoff-Final duellieren werden.
Lugano: «Ausnahmekönnerinnen verloren»
Der amtierende Meister Ladies Lugano liegt zwar – wie letztes Jahr – auf Platz 2 der Rangliste, jedoch ist der Rückstand auf den Leader gegenüber dem Vorjahr angewachsen. 16 Punkte sind es aktuell, allerdings haben die Tessinerinnen zwei Spiele weniger ausgetragen. Auffallend ist, dass der Meister «anfälliger» geworden ist: Neben den zwei Niederlagen gegen die ZSC Lions liess Lugano auch gegen die Thurgau Indien Ladies, Bomo Thun und Neuchâtel Hockey Academy – alles Anwärter auf einen der beiden noch freien Playoff-Plätze - liegen. Die Abhängigkeit von den Ausländerinnen ist in dieser Saison noch frappanter als zuvor: War Michelle Karvinen letzte Saison das alles überragende Element, so teilen sich diese Saison Sidney Morin (aktuelle Topskorerin der Liga) und Ronja Mogren in diese Rolle. Nicht immer, aber vielfach. Das ist das Problem des Meisters: Lugano hat den Abgang des «Super-Trios» Karvinen, Evelina Raselli und Noemi Ryhner nur bedingt kompensieren können. Der Kader ist nach wie (zu) klein, das Gefälle im Team zu gross. Gerüchteweise wird eine Nationalspielerin für den Rest der Saison ins Tessin wechseln. Ist sie eines der fehlenden Puzzleteile? Denn an lichten Tagen spielt das Ensemble wie ein Meister, um kurz darauf wieder einzubrechen. Die Leistungskonstanz fehlt noch.
NHA: Ab in den Final?
Die Neuenburgerinnen haben letzte Saison die Playoffs verpasst, zu Beginn dieser Saison aber bereits wieder mit dem Playoff-Final geflirtet und die Ambitionen offen auf den Tisch gelegt. Im Vergleich zum Vorjahr hat das Team 15 Punkte mehr auf dem Konto und die letzten vier Partien alle gewonnen – darunter zwei möglicherweise vorentscheidende Spiele gegen Thurgau - und liegt mit respektablem Vorsprung auf dem 3. Rang. Also alles paletti? Nicht ganz, denn auch die Neuenburgerinnen lassen etwas die erhoffte Konstanz vermissen. Sie sind zwar gegen die beiden Top-Teams meistens «dran», aber den sieben Niederlagen steht ein einziger Exploit gegen Lugano gegenüber. Und als Tiefpunkt steht eine Heimniederlage gegen das bisher sieglose Reinach zu Buche. Immerhin konnten die Neuenburgerinnen die direkten Konkurrenten – Bomo Thun und Thurgau – in sieben von acht Duellen auf Distanz halten. Ein nicht unwichtiger Pluspunkt für die Neuenburgerinnen ist die Tatsache, dass sie nicht (nur) von ihren Ausländerinnen abhängig sind, auch Schweizerinnen punkten regelmässig.
Bomo: Mit dem ewigen Liftteam zwischen Playoffs und Playouts wird wieder zu rechnen sein
Ja und nein. Was für Lugano und Neuenburg gilt, lässt sich auch zu Bomo Thun sagen: Es fehlt die Konstanz, um in Ruhe die Playoffs vorbereiten zu können. Die Neuzugänge haben eingeschlagen, der neue Trainer funktioniert, das Team ist ausgeglichener als auch schon, aber die Resultate gleichen einer Achterbahnfahrt. (Aussergewöhnlichen) Siegen gegen die ZSC Lions (Bomo ist neben Lugano das einzige Team, das die Zürcherinnen zu schlagen vermochte) und auch Meister Lugano stehen eben auch fünf Niederlagen gegen die direkten Konkurrenten gegenüber. Bomo kann den Punktestand aus dem Vorjahr noch erreichen (zurzeit liegen die Thunerinnen mit 18 Spielen bei 25 Punkten), aber dazu sind eben auch Siege in den beiden nächsten Partien gegen Thurgau und Neuenburg nötig. Die «Winter Classic» am 2. Januar auf der offenen Eisbahn in Gstaad ist die erste Möglichkeit dazu.
Thurgau: Saison der Bestätigung
Der Bronzemedaillengewinner aus dem Vorjahr mit dem Appetit auf weitere Medaillen ist der klare Verlierer der bisherigen Saison. Trotz Verletzungspech, Corona-Quarantäne und teilweisem Monsterprogramm: Von den Thurgauerinnen hat man erheblich mehr erwartet als die dürftigen 22 Punkte aus den bisherigen 19 Spielen und ein 5. Rang unter dem Strich. Das sind 12 Zähler weniger als vor einem Jahr. Der letzte Sieg – mit Ausnahme der 9 Punkte gegen Schlusslicht Reinach – liegt über zwei Monate zurück (3. Oktober). Die anderen 10 Partien gingen allesamt verloren. Es rumort im Club-Gebälk, so zumindest lassen es Gerüchte vermuten. Fakt ist: Thurgau ist auch die Abhängigkeit von viel zu vielen Zweit-Lizenzspielerinnen zum «Verhängnis» geworden sowie die Tatsache, dass zu viele Heimspiele am Freitagabend – dem eigentlichen Trainingstag – angesetzt wurden. Ein geregeltes Training mit dem ganzen Team ist deshalb fast nicht möglich. Wohin der Weg führen wird, ist offen: Die beiden Heimniederlagen im «Back-to-back»-Wochenende gegen Neuenburg lassen nichts Gutes erahnen.
Reinach: Voll im Umbruch
Die Reinacher Verantwortlichen sprachen vor der Saison von einem «grossen Umbruch im Teamgefüge», liessen aber durchblicken, dass man durchaus mit den Playoffs liebäugle. 18 Spiele und 17 Niederlagen, eine Trainerentlassung und zwei Abgänge mitten in der Saison später, muss man feststellen, dass der Umbruch wohl einiges grösser ist als kalkuliert. 22 Tore bei 89 Gegentreffern sprechen eine deutliche Sprache. Die Frage ist, wie lange Club und Spielerinnen die Nerven behalten und sich mit der aktuellen und wohl auch künftigen Situation anfreunden können. Reinach kann eigentlich nur noch hoffen, dass die bevorstehenden Playouts sowie eine mögliche Liga-Qualifikation nicht doch noch plötzlich – trotz grundsätzlich guten Absichten – im Desaster (und dem Abstieg) enden.
Und wie sieht der Blick in die Zukunft aus? Eigentlich geht’s nur um die Frage, ob Bomo Thun oder Thurgau den Sprung in die Playoffs schaffen. (Vor-)Entscheidend wird die «Winter Classic» in Gstaad am 2. Januar zwischen den beiden Teams sein. Der Sieger setzt sich ab oder holt auf. Wobei wir wieder beim Titel wären: Aus fünf mach vier …